Interview mit Veit Lindau – HEIRATE DICH SELBST: Der radikale Weg zur Selbstliebe

Podcast Tobias Beck

Interview mit Veit Lindau – HEIRATE DICH SELBST: Der radikale Weg zur Selbstliebe

Veit Lindau ist ein deutscher Redner, Buchautor und Coach.

Heute habe ich für dich ein unfassbares Interview mit ihm! Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen.

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Viel Spaß!

P.S. Wenn du lieber liest, dann findest du unten das komplette Transkript des Interviews.


Deniz: Hast Du manchmal das Gefühl, Du bist nicht gut genug, Du hast Angst, dass andere über dich urteilen, fühlst Dich in deiner Haut nicht wohl und kannst einfach nicht Du selbst sein? Dann höre jetzt gut zu, denn ich habe für dich einen Meister der Selbstliebe und Selbstakzeptanz am Start. Eines meiner ersten Bücher, in denen ich gelernt habe zu mir selbst zu stehen und einen Fick darauf zu geben, was andere von mir denken, ist „Heirate Dich selbst“ von Veit Lindau. Veit hat duzende Bücher geschrieben, ist seit zwei Jahrzehnten im Business und ich freue mich riesig, Dir dieses unfassbar geile und erkenntnisreiche Video präsentieren zu dürfen, in dem wir richtig deep gehen. Viel Spaß! #00:00:38-07#

Lieber Veit, das erste Buch, dass ich von Dir vor bestimmt drei, vier Jahren gelesen habe, ist „Heirate dich selbst“ und dort hast du eine Übung beschrieben mit einem Ehering, die ich symbolisch extrem mächtig fand, ich habe es auch selbst mal ausprobiert und eigentlich nur jemals bei dir gehört habe. Magst Du uns kurz erklären, wie das geht und was Du dir dabei gedacht hast? #00:01:14-12#

Veit: Also prinzipiell geht es bei der Übung nicht um den Ehering, sondern es geht um ein Gewahrsam dafür, dass es eigentlich verrückt ist, einen anderen Menschen zu heiraten, bevor wir uns selbst geheiratet haben. Heirat in einem klassischen, traditionellen, heiligen Sinne ist wirklich zu sagen, „Hey, ich wähle ganz bewusst mir selbst der treuste Freund und Begleiter zu sein“ und wie es so schön heißt in dem, ich glaube, meistbenutzten Ehegelübde, also in guten, wie in schlechten Zeiten, bis ans Ende aller Tage. Und wer, wenn nicht wir können dieses Versprechen geben und das ist die zentrale Einladung in diesem Buch, erstmal wirklich bei dir selbst anzufangen, also wirklich mit einem ganz gesunden Egoismus zu sagen, „Ich bringe mich jetzt mal selbst nach Hause“. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich war, als das Buch heraus kam selbst sehr überrascht, wie viele Menschen das wirklich ganz praktisch umgesetzt haben und besonders überrascht war ich, wie viele Männer dem Ruf gefolgt sind. #00:02:14-07#

Deniz: Interessant. Wie kamst Du auf die Idee? Also, was hat Dich dazu gebracht, dass auch praktisch da rein zu bringen, diesen Ring quasi selbst auf Dich umzumünzen als eigenen Menschen, dieses Symbol der Heirat? #00:02:30-17#

Veit: Ich schreibe in meinen Büchern immer über Themen, die mich selbst bewegen, also niemals theoretisch, sondern meistens immer Themen, die durch eine eigene Wunde, durch eine eigene offene Fragestellung in meinem Leben ausgelöst wurden sind und mit denen ich mich lange Zeit beschäftigt habe und Selbstliebe ist ein sehr zentraler roter Faden durch mein Leben. Und irgendwann ist mir klar geworden, dass das vielleicht der schädlichste Virus überhaupt ist, den sich Menschen in unserer Leistungsgesellschaft einfangen können, sich selbst abzulegen, so wie wir sind. Und ich habe das Buch quasi erstmal von, ich sage jetzt mal, der geistigen Essenz her geschrieben, habe aber für mich auch nochmal rekapituliert, was waren denn so für mich die Rituale in meinem Leben, die mich mir näher gebracht haben. Ich habe mehrere Male in meinem Leben mich auf verschiedene Weisen geheiratet, mehr nach Hause geholt und fand das so mit das plausibelste, das klarste, das einleuchtenste Ritual überhaupt. #00:03:34-21#

Deniz: Sehr interessant. Was ich auch bei Dir sehr rausbekomme, weil es viel um Selbstliebe und Selbstachtung geht, weswegen ich es auch zu einem zentralen Thema der heutigen Podcastsitzung gemacht habe, weil ich denke, dass Du da ziemlich viel dazu sagen kannst. Magst Du uns mal grob erklären, warum Selbstliebe so wichtig ist? #00:03:56-23#

Veit: Also, erstmal ist es traurig, dass wir uns mit dem Thema überhaupt auseinandersetzen müssen. Das hat auch viel damit zu tun, dass wir erzogen wurden sind, also weg davon auf eine natürliche, entspannte Art und Weise uns wohl zu fühlen, hin zu, dass die meisten Menschen ja von außen nach innen leben. Das heißt, sie versuchen Erwartungen zu erfüllen, um das Image aufrechtzuerhalten und im Kern ganz unten drunter liegt ein ganz kraftvolles Urteil über uns selbst, nämlich, dass wir so, wie wir sind, einfach nicht gut sind, nicht gut genug sind. Und wenn wir dieses Urteil an uns haben und wenn das nicht reflektiert und geheilt wird, ist das quasi das Fundament, im Grunde genommen, von allem, was wir in unserem Leben erleben. Also, wenn wir uns selbst nicht lieben, werden wir Beziehungen auswählen und Beziehungen auf eine Art und Weise gestalten, die das widerspiegeln. Wir werden uns mit dem Thema Erfolg auf eine ganz verkrampfte Art und Weise auseinandersetzen und selbst, wenn wir viel Erfolg haben, werden wir ihn nicht genießen können. Also, das zentrale Urteil im Leben eines Menschen ist das innere Urteil darüber, wie viel Wert gebe ich meiner natürlichen Existenz, und zwar nicht erst, wenn ich etwas geleistet habe, wenn ich eine gute Zensur nach Hause gebracht habe, sondern ganz natürlich ich. Und wenn das nicht gelöst ist— und das war für mich der Ausgangspunkt des Buches, warum ich das geschrieben habe— wenn das nicht gelöst ist, benutzen wir all die anderen wunderschönen Dinge, die es im Leben gibt, — Gerade in der psychospirituellen Szene gibt es wunderschöne Wege, Methoden, Ansätze, Meditation, Yoga, et cetera. Aber das alles wird vergiftet von diesem tieferen Urteil, alles wird in ein Leistungsstreben umgewandelt und deswegen war es mir wichtig, quasi nochmal einen Schritt zurück zu gehen und zu sagen: „Hey, bevor Du Dich auf die Welt stürzt, kläre doch erstmal deine Geschichte mit dir selbst“. #00:05:54-10#

Deniz: Jetzt könnte ich mir als Zuhörer die erste Frage so stellen: „Okay, lieber Veit, wie genau fange ich da an?“. Sagen wir, ich merke, dass in mir etwas nicht ganz nach Selbstliebe schreit, wo fange ich da am besten an? Was wäre so Dein erster Ansatz? #00:06:12-20#

Veit: Also am besten, leg erstmal alle Techniken beiseite, alle Therapien beiseite, weil letzten Endes die meisten Techniken, die meisten Therapien im Kern die Idee in sich tragen, irgendetwas stimmt nicht mit Dir. Und das Buch hat ja auch zum Untertitel „Wie du durch ein radikales Ja zu dir selbst alle deine Beziehungen und letztendlich deine gesamte Realität transformierst“. Und dieses radikale Ja ist im Grunde genommen so einfach, dass das durch den Verstand schon kaum zu greifen ist. Also wirklich mal von dem Punkt zu kommen, Dir selbst ein bedingungsloses Ja zu schenken. Und ein bedingungsloses Ja heißt nicht, dass wir uns mögen müssen. Das heißt nicht, morgens in den Spiegel schauen zu müssen und uns ganz toll zu finden. Wenn wir einen Scheißtag haben, haben wir einen Scheißtag und wenn wir uns zu dick fühlen, fühlen wir uns einfach zu dick. Aber zu diesem Gesamtpaket, mit allem was da drumherum dazugehört, die schönen und die Schattenseiten, ja zu sagen und das mal wirklich sehr konsequent. Da passiert was ganz Erstaunliches, wenn unser Bewusstsein nicht mehr gegen bestimmte Aspekte von uns kämpft, zum Beispiel gegen Unsicherheit. Du gehst durchs Leben und du denkst, ich bin zu unsicher, das ist ein Nein gegen dich. Und wenn du anfängst, radikal von einem Punkt zu kommen, ich bejahe diese Unsicherheit, diesen Part von mir, wirst du entdecken, dass diese Unsicherheit in sich einen Schatz bürgt, eine Botschaft für dich birgt und dass sich in dieser Unsicherheit höchstwahrscheinlich eine deiner größten Gaben steckt. Im Kern geht es beim Thema Selbstliebe gar nicht so viel darum, etwas zu machen, sondern eher diesen Konflikt, diesen essenziellen Konflikt in unserem Bewusstsein zu lösen, dass Teile unseres Bewusstseins gegen einen anderen Teil kämpfen. Und dadurch verlieren wir unglaublich viel Energie und dadurch machen wir eigentlich nie die Erfahrung, dass das, was uns im Augenblick vielleicht noch hässlich erscheint und was uns Angst macht, alles in sich vollkommen schön ist. So ungefähr. Also, da würde ich anfangen und im Grunde genommen, ist es wirklich so, dass das das Alpha und das Omega ist. Dann kann man alle möglichen Techniken mit einbauen, Meditation ist wunderbar. Aber nochmal, ich kenne eine Menge Leute, die dieses radikale Ja nicht zu sich haben und für die wird auch Meditation zum Stress, für die wird Sex zum Stress. Deswegen würde ich mal da anfangen. #00:08:53-11#

Deniz: Okay. Das klingt interessant. Wie bringst Du das in Verbindung zum Beispiel mit Persönlichkeitsentwicklung? Also wir bei „Erschaffe Dich neu“, die Zuhörer beschäftigen sich relativ viel mit sich selbst und arbeiten an sich selbst, schließt sich das in Deinen Augen aus oder sagst Du: „Okay, von der Basis, wo man sich liebt, kann man an sich arbeiten“? #00:09:13-15#

Veit: Das ist ein ganz, ganz spannendes Paradox, aber es ist ein wunderbares Beispiel. In dem Augenblick, also das ist zumindest meine Perspektive, in dem ich auf mich schaue, ich arbeite an mir, ist da, wenn du mal rein spürst, da ist schon wieder die Ahnung drin, irgendetwas stimmt nicht an mir. Irgendetwas muss perfektioniert werden und muss optimiert werden. Und das andere Extrem sind Menschen, auch von denen kenne ich viele in der psychospirituellen Szene, die sagen: „Oh, ich bin perfekt, ich arbeite gar nicht mehr an mir“, aber das ist es nicht. Meine Erfahrung ist, wenn du anfängst, dir selbst mit diesem bedingungslosen Ja zu begegnen, dann arbeitest du nicht mehr an dir, sondern es arbeitet in dir, es fängt an, sich aus dir heraus zu entfalten, also ich gehe auch davon aus, dass niemand auf diesem Planeten bereits sein volles Potential entfaltet. Die Frage ist nur, wie kriege ich das entfaltet? Kriege ich das entfaltet, indem ich an mir arbeite? Was meistens den Geschmack hat, ich richte mich nach irgendwelchen Maßstäben, von denen ich glaube, dass ich sie einhalten sollte. Oder komme ich aus dem bedingungslosen Grundvertrauen, dass es in mir ein Potential gibt, was ich ganz natürlich entfalten will und alles was es dazu braucht ist ein Ja. Interessant ist für mich, dass das nicht unser Wachstum bremst, sondern unser Wachstum sogar beschleunigt. Was noch dazu kommt ist eine Menge Überraschung, weil plötzlich geht es nicht mehr darum, mich in eine ganz bestimmte Richtung entwickeln zu wollen, sondern ich schaue einfach, was aus mir herauskommt. #00:10:55-21#

Deniz: Da frage ich persönlich mich jetzt, wie gehst Du an das Thema Widerstände heran? Weil letztlich Widerstände geben ja so ein bisschen— Okay, Widerstand. Ist das etwas menschengemachtes oder müssen wir einfach mit Widerständen auf gewisse Arten und Weisen umgehen lernen? #00:11:15-12#

Veit: Ich glaube, dass es keine Widerstände gibt, genauso wenig, wie ich daran glaube, dass es Blockaden gibt. Ich habe selbst— Ich meine, ich bin jetzt 25 Jahre auf diesem Weg, die ersten zehn habe ich sehr viel Zeit und Energie darin reininvestiert, Blockaden aufzulösen, Widerstände abzuarbeiten. Also, um mal ein einfaches Bild zu gebrauchen, ein Fluss, der zum Meer fließt und wenn der auf einen Stein stößt, der Fluss denkt nicht: „Der Stein ist ein Widerstand, ich muss den jetzt bearbeiten“. Nein, der Fluss denkt auch nicht, wenn er langsamer wird: „Oh, ich habe jetzt eine Blockade, ich müsste eigentlich schneller fließen“. Nein. Sondern er folgt dem natürlichen Rhythmus. Und ich glaube, dass das was wir Menschen oft Widerstand nennen, einfach begründet ist in einem mangelnden Verständnis von Wachstumsprozessen. Ja. Zum Beispiel Faulheit, nehmen wir mal Faulheit. Die meisten Menschen würden Faulheit sehr wahrscheinlich als Widerstand deklarieren. Ich glaube, dass Faulheit immer etwas damit zu tun hat, dass wir uns versuchen in eine Richtung zu motivieren, die gar nicht unserem natürlichen Potential entspricht. Und damit ich jetzt nicht falsch verstanden werde, natürlich heißt das auch manchmal, sich zu überwinden. Zum Beispiel, ich schreibe gerade an meinem neuen Buch, das bedeutet für mich meistens über zwei, drei Monate hinweg eine Stunde eher aufstehen, weil ich einfach sonst die Zeit nicht habe. Natürlich liege ich da manchmal erstmal im Bett und denke: „Boah, habe ich jetzt gerade keinen Bock“, aber ich würde das nicht als Widerstand bezeichnen, sondern das ist einfach ein Part von meinem System, der sagt: „Veit, es würde dir jetzt definitiv mehr guttun, wenn du liegen bleiben würdest“. Und dieser Teil hat genauso seine Berechtigung, wie der andere Teil in mir, der sagt: „Nein, ich will lieber aufstehen und ein Buch schreiben“. Und in dem Moment, wo ich daraus aber eine Widerstandsthematik mache, vergeude ich Kraft. #00:13:19-22#

Deniz: Magst Du uns schon verraten, worum es so im nächsten Buch geht, in welche Richtung? #00:13:28-03#

Veit: Ja, das macht ganz großen Spaß, das heißt „Arschlochfreie Zone“. #00:13:32- 10#

Deniz: Okay, geiler Titel. #00:13:34-02#

Veit: Der Verlag hat mir mal wieder die Blankovollmacht gegeben, mal wieder so richtig ungezügelt zu schreiben und ich schreibe gern deftig. Und in dem Buch geht es darum, erstmal zu verstehen, dass wir nicht nur das Recht haben, unser Leben in eine arschlochfreie Zone zu verwandeln, sondern, dass wir sogar die Pflicht haben, uns gegenseitig zu erziehen, uns gegenseitig auf eine gute Art und Weise Grenzen zu setzen, weil wir ansonsten niemals herausfinden werden, was in unseren Beziehungen möglich ist. #00:14:06-20#

Deniz: Das ist ein sehr interessantes Thema und bei uns, also wenn man jetzt zum Beispiel auf YouTube schaut, immer ein sehr kontroverses Thema, wenn man über das Umfeld spricht und sagt: „Hey, wenn dir ein Mensch schlecht tut, gucke, dass Du entweder lernst, damit umzugehen oder entferne Dich von dem Menschen“. Wie siehst Du das? Wie gehst Du mit dieser Thematik um, mit, wenn man so sagen will. „toxischen“ Menschen? #00:14:30-04#

Veit: Wie bei allem gibt es da nicht die eine Antwort. Das ist für mich persönlich ein sehr, sehr spannendes und komplexes Thema, weil ich natürlich auch immer erstmal in meiner Umgebung etwas sehe, was mit mir zu tun hat. Das heißt, wenn ich irgendetwas in meiner Umgebung als toxisch wahrnehme, zum Beispiel ich bin mit jemanden zusammen, der stark zweifelt, dann wirkt es deswegen toxisch auf mich, weil es in mir auch Zweifel gibt. Wenn ich total immun wäre gegen diese Zweifel, würde ich einfach denken: „Oh, der arme Mensch, der tut mir leid, ich wünsche ihm mehr Optimismus“. Das heißt arschlochfreie Zone ist für mich zum Beispiel keine Einladung zu sagen „Ich verabschiede mich jetzt von allen Menschen, die mich stressen“, sondern sehr, sehr sorgfältig hinzuschauen, welche Menschen meine Entwicklung fördern, wenn ich ja dazu sage. Und manchmal sind es Menschen, die sehr ruppig sind, die aber tatsächlich, wenn ich mal näher hinschaue, mir guttun, wenn ich mich wirklich auf diesen ruppigen Prozess einlasse. Ich bin auch zum Beispiel als Lehrer oder als Coach manchmal wirklich— Ich kann ziemlich burschikos zur Sache gehen. Und auf der anderen Seite kann es sein, dass ich mit Menschen zusammen bin, die immer ganz liebevoll zu mir sind, die immer ja und Amen sagen, zu dem, was ich denke und wenn ich aber eine Weile hingucke, merke ich, nee, das tut mir eigentlich nicht gut, dann ist so jemand eher für mich ein Arschloch, als jemand anderes. Und kontrovers wird es ja meistens deswegen diskutiert, weil wir alle erzogen wurden sind in bestimmten Kategorien zu denken, zum Beispiel es ist unhöflich Grenzen zu setzen oder wenn man Freund ist mit jemanden, muss man alles aushalten. Und für mich geht es in dem Buch ganz viel darum, all diese Mythen erstmal zu zerschlagen und die Menschen einzuladen, „Denkt doch mal selbst darüber nach, womit förderst Du Dich und jemand anderen denn wirklich?“. #00:16:31-23#

Deniz: Interessantes Thema. Dein Podcast, der heißt „SeelenGevögelt“, das ist ja auch ein sehr interessanter Titel. Wie kamst du auf den Titel? Was heißt „seelengevögelt“? #00:16:44-06#

Veit: Ja, der Wahrheit zuliebe muss ich sagen, das ist eine Wortschöpfung meiner Frau und der ist in einem unserer Seminare entstanden. Wir lieben es, mit unseren Seminaren intensive Räume zu schaffen, wo Menschen nicht nur intellektuell erkennen, sondern auch— Also wir nennen das „Ganzkörperkondom“, den viele Menschen über sich und ihren Geist gestülpt haben, also unsere Vorurteile, unsere Vorsicht, unsere trennenden Gedanken, wo Menschen das ablegen können, um sich mal wieder so richtig intensiv und nackt auf das Leben einzulassen. Was viele Menschen erfahren, ist, in so einem Moment der Nacktheit und da meine ich jetzt nicht physische Nacktheit, sondern so einen Moment, wo du alle Urteile fallen lässt, dass das Leben dich tief nimmt, wie es uns als Kinder immer genommen hat. Und diese Erfahrung, die Menschen aber machen ist ganz oft, dass ihre eigene Seele mit ihnen spricht und dass diese Seele wiederum ganz innigen Kontakt hat zum Leben, weil das eben nicht nur in netten Augenblicken passiert oder weil es gerade schön ist, sondern manchmal auf einer Beerdigung oder wenn du Krebs hast oder wenn du einen Unfall hast, also dann sind wir auch ganz oft nackt mit dem Leben verbunden. Da haben wir damals nach einem deftigen Begriff dafür gesorgt und das ist „seelengevögelt“. Also, das sind diese Momente, wenn deine Seele dich vögelt und wenn das dich eben komplett nimmt. #00:18:22-24#

Deniz: Das ist ein sehr interessantes Bild, auf jeden Fall. Wie kam es überhaupt, dass Du, Du sagtest gerade 25 Jahren den Weg eingeschlagen hast, den Du heute gehst? Ich meine, Du hast mehr Bücher geschrieben, als die meisten gelesen haben. Wie kam es dazu? #00:18:39-17#

Veit: Wie kam es dazu? Ich bin im Grunde genommen ein Mensch, der Probleme vorgesetzt bekommt vom Leben und nach Lösungen sucht. Und meistens sind es erstmal Probleme, die mich selbst beschäftigen. Also eines der zentralen Themen in meinem Leben war zum Beispiel die Frage wer bin ich, warum bin ich hier, was ist meine Berufung, ausgelöst dadurch, dass ich ursprünglich Medizin studieren sollte und das auch von mir dachte, das abgebrochen habe und ich in eine tiefe Existenzkrise gekommen bin. Das heißt, das Leben hat mir plötzlich das Problempaket Berufung vor den Latz geknallt und ich bin jemand, der sich sehr intensiv damit auseinandersetzt, für mich nach Lösungen sucht, Lehrer auch sucht, Ansätze ausprobiert und wenn ich etwas für mich finde, dann gebe ich das weiter. Also, ich bin leidenschaftlich gern Schüler und ich bin leidenschaftlich gern Lehrer und ich glaube, das wird einfach immer so sein, dass ich die Themen, die mich gerade sehr beschäftigen, dass ich die auch weitergebe. Ja. #00:19:53-06#

Deniz: Interessant. Du sprichst gerade von Existenzkrise und das ist natürlich immer für Menschen ein interessantes Thema. Wie hast Du dich daraus befreit? Was war so eine Sache, wo Du dich vielleicht daran erinnerst, wo Du sagst, das hat mir geholfen in der Situation? #00:20:07-23#

Veit: Also, was mir mittlerweile sehr hilft, ist mein Leben nicht mehr einzuteilen in NichtKrise und Krise, weil im Grunde genommen, wirklich, also wenn du es mal ganz radikal siehst, ist das ganze Leben eine einzige Existenzkrise. Also wir kommen aus diesen acht, neun Monaten Full Service im Mutterleib, werden auf diese Erde geschleudert ohne Gebrauchsanleitung, ohne, dass uns wirklich jemand sagt, worum es geht, wir müssen das alle selbst herausfinden. Im Grunde genommen ist dieses ganze Leben eine einzige Geburt mit verschiedenen Zyklen. Also, was mir immer hilft, ist mich an den tieferen Sinn meines Lebens zu orientieren, also gerade in den Phasen, wo es uns dreckig geht, wo wir von der Welt nicht das bekommen, was wir haben wollen— Also, was mir immer sehr geholfen hat, war so meinen Polarstern zu haben, weißt Du? Also, einfach zu wissen, okay, also darum geht es in meinem Leben. Ich hatte vor zwei Jahren eine Krise, die hat wirklich über ein Jahr gedauert, das war so das schlimmste, was ich bis dahin erlebt hatte. Aber selbst in dieser ganz, ganz tiefen Verzweiflung war ein Wissen, dass es gut ist, dass es richtig ist, dass da gerade der Chirurg des Lebens das Messer ansetzt und ich den irgendwann einfach gerufen habe. Und wenn du das für dich findest, egal wie du diesen Sinn für dich benennst, der kann ja für jeden sehr verschieden sein, hast du die Kraft und die Fähigkeit auf diesem OP-Bett liegen zu bleiben, wenn die nächste Operation ansteht. Dann schreist du nicht rum und denkst, es ist ein Fehler und betrachtest dich als Opfer, sondern weißt dann, nee, ich bin jetzt hier, ich habe irgendwann im Gebet geäußert, ich wollte das haben, ich will noch tiefer erwachen, bitte nimm mich. #00:22:07-04#

Deniz: Also, ich hoffe erstmal Dir geht es wieder gut. Du befindest Dich auf einem besseren Weg. Und da hätte ich die Frage, wie kommt man Deiner Meinung nach einem Sinn näher? Also das ist so eine häufige Frage, die immer kommt: „Dennis, ich habe meine Vision noch nicht gefunden“, „Dennis, ich weiß nicht, was mein Sinn im Leben ist, meine Berufung, der Ruf des Lebens“. Wie denkst Du, kann man dem ein Stück näher kommen? #00:22:34-24#

Veit: Also, ich unterscheide stark zwischen Vision und Sinn. Also Vision ist für mich, um mal ein Bild zu gebrauchen, das ist ein wunderschönes Bild am Horizont, das mich motiviert loszugehen, aus der Komfortzone herauszutreten. Aber der Sinn ist nichts für mich, was mit dem Horizont verbunden ist, also nichts, was ich irgendwann mal erreichen kann, sondern was ich heute, was ich jetzt, zum Beispiel mit Dir in diesem Gespräch leben kann, was ich in jedem Moment leben kann. Und wie kommt man da hin? Also ich kann den Menschen, die jetzt gerade zuhören natürlich nur aus meiner Erfahrung teilen. Ich habe es mir lange Zeit viel zu schwer gemacht, weil ich dachte, das wäre etwas unglaublich kompliziertes. Mittlerweile weiß ich, der Sinn unseres Lebens ist näher als nah. Wir haben zum Beispiel Seminare, da macht man ganz einfache Übungen und nach 15 Minuten weiß der komplette Raum, was der Sinn seines Lebens ist. Und die meisten müssen einfach lachen, weil es so offensichtlich ist und die ganze Zeit das eigentlich so offensichtlich gewesen ist. Also, mein erster Tipp: Such nicht irgendwo in der Ferne danach, sondern suche jetzt danach und mache dir klar, dass es etwas ganz, ganz einfaches ist. Zweiter Tipp: Eine Frage, die mir extrem geholfen hat in meinem Leben von einem meiner spirituellen Lehrer war: „Veit, wenn es nur eine Sache gäbe, die Du hundertprozentig in diesem Leben bekommen, erfahren könntest und Du müsstest dafür alles andere hergeben, du müsstest dafür Erfolg hergeben, Partnerschaft hergeben, Gesundheit hergeben, was auch immer, was wäre diese eine Sache?“. Und die meisten Menschen wissen, wenn sie eine Weile darüber nachdenken, wissen die Antwort darauf. Und die Antwort darauf deutet auf den Sinn deines Lebens hin. Und den dritten Tipp, den ich jedem Menschen nur geben kann, konfrontiere dich so oft wie möglich mit deiner Sterblichkeit. Und das meine ich nicht in einem morbiden Sinne, sondern das ist für mich die ultimative Verschwörung auf diesem Planeten, also wir ignorieren, wir blenden das große Ende aus. Aber nur um das Wissen um dieses Ende und mal völlig dahingestellt, was danach kommt, aber mit dem Wissen um das Ende dieses Lebenszykluses und mit dem Wissen, dass ich nicht weiß, mit wie lange ich noch Zeit habe, ergibt sich plötzlich eine ganz andere Perspektive auf die Wertigkeit von verschiedenen Dingen und aus der Perspektive unserer Sterblichkeit wird viel deutlicher, worum es wirklich geht, was der eigentliche Sinn ist. Der liegt nämlich ganz sicher nicht mehr darin möglichst viel Geld auf dem Konto anzuhäufen. #00:25:25-00#

Deniz: Sehr interessante, tolle Tipps. Der letzte Tipp hat mir auch sehr geholfen, muss ich sagen. Also, Sterblichkeit ist ein sehr interessantes Thema, besonders stoische Literatur hat mir zumindest da sehr den Weg weisen können. Was ist etwas wo Du versagt hast, um Dir— Der Podcastzuhörer sieht uns so ein bisschen aus der Distanz, die Leute, die da im Podcast sind. „Okay, die können das, ich kann das nicht“, um Dich ein bisschen menschlicher zu gestalten, was ist etwas, wo Du versagt hast? #00:25:58-18#

Veit: Also, ich würde sagen, ich versage so gut wie jeden Tag, allein dadurch, dass es selten einen Tag gibt, wo ich abends ins Bett gehe und das Gefühl habe, ich war hundertprozentig präsent. Ich versage, wenn ich mich mit meiner Liebsten streite, wohlwissend, dass ich sie in der Tiefe liebe. Ich habe definitiv in vielen Punkten als Vater versagt, weil, als ich meine Tochter getroffen habe, das ist nicht meine leibliche Tochter, da war sie drei Jahre alt und ich war 21 und ich war eigentlich selbst emotional noch ein Junge und war ganz sicher in vielen Situationen nicht der weise Vater, der ich jetzt rückwirkend gern gewesen wäre. Also, Versagen ist für mich eigentlich nicht zu trennen von Lebendigkeit. Ich habe geschäftlich Fehlentscheidungen getroffen, das hing mit dieser Krise vor zwei Jahren zusammen, die unserem Unternehmen locker mal zwei Millionen Euro gekostet haben. #00:27:06-22#

Deniz: Okay, krass. #00:27:07-15#

Veit: Ja. Also, ehrlich gesagt, alle Menschen, die ich dafür bewundere, dass sie richtig lebendig unterwegs sind, die versagen richtig oft. #00:27:20-05#

Deniz: Wir beschäftigen uns ja hier, wie ich ja gerade mal eben gesagt habe mit Persönlichkeitsentwicklung. Um in das Thema noch ein Stück stärker rein zu gehen, was ist das Beste was Du so für Dich so aus der Persönlichkeitsentwicklung mitnehmen konntest und wo siehst Du eine große Schwäche? #00:27:39-18#

Veit: Dafür müsstest Du mir nochmal genau sagen, was Du unter Persönlichkeitsentwicklung verstehst. #00:27:47-07#

Deniz: Das Arbeiten praktisch an sich selbst, um seinem Potential zu entsprechen, um die beste Version von sich selbst zu bekommen, um vielleicht auch sein „Life’s Calling“ zu finden, den Ruf des Lebens. Alles, was in diesen Bereich kommt, vielleicht, um sich auch kommunikativ zu verbessern, um irgendwelche Ergebnisse zu erzielen, die man hat, sprich an sich arbeiten, in was für einen Bereich auch immer. #00:28:12-14#

Veit: Ich weiß nicht, ob es das beste war, aber ich sage mal, einer der für mich am stärksten wirksamsten und nachhaltig wirkenden Erkenntnisse war, dass ich begriffen habe, dass ich Persönlichkeitsentwicklung auf sehr, sehr verschiedenen Ebenen betreiben kann. Ich kann es betreiben auf einer Ebene von Selbstoptimierung in meinem Körper, in meinem Geist, Thema Erfolg. Ich kann Persönlichkeitsentwicklung aber auf einer sehr radikalen Ebene betrachten, das ist die Frage „Wer bin ich wirklich?“. Und für mich persönlich ist das der Schlüssel. Ich möchte am Ende dieses Lebens— Ich weiß, dass ich mein volles Potential nie voll entfaltet haben werden, weil da gibt es immer noch mehr Möglichkeiten, ich hätte noch mehr Sprachen lernen können, ich hätte noch an der Neurose arbeiten könne, ich hätte mir noch mein Sixpack besser raustrainieren können. Also, das sind alles für mich Spielebenen, für mich ist viel interessanter die Frage „Warum spiele ich dieses Spiel? Warum gehe ich auf diese Ebene? Was möchte ich entdecken?“. Und mittlerweile ist es für mich so, dass es mir viel, viel weniger darum geht ein Ziel zu erreichen, als vielmehr was darf ich auf dem Weg dahin erkennen, also über mich erkennen, wer ich wirklich bin. Also, das wäre mein innigster Tipp an all die Menschen, die das jetzt gerade hören. Wann immer du den Impuls in dir hast, „Ich möchte mich verändern, ich möchte mich verbessern“, dich zu fragen, wer genau in mir will das. Weil wenn dieser Impuls aus dem Ego kommt, wird der dich für eine Weile ankicken, der wird dich für eine Weile befriedigen und der wird dich in derselben Lehre wieder absetzen. #00:30:12-04#

Deniz: Du hast das Ego angesprochen. Wie würdest Du das Ego definieren? Ich finde, das ist immer ein sehr, sehr weiter Begriff, der schwer zu fassen ist für viele Menschen. Wie würdest Du es definieren und wie würdest Du Tipps geben, um damit umzugehen mit dem Ego, das uns ja eigentlich alle täglich betrifft? #00:30:35-13#

Veit: Ja, ich erwische mich immer dabei, dass ich so oft für das Ego Plädoyer ergreife, weil ich ganz oft so Tendenzen heraus höre von wegen „Das Ego ist an allem schuld“ oder „Das Ego muss transformiert und es muss verbrannt werden“ oder was auch immer. Also, für mich ist es ganz einfach, wir bekommen als Spielset für dieses Leben ein Fleischklöpschen anvertraut und dieses Fleischklöppschen hat, damit es möglichst sicher, besonders komfortabel durch dieses Leben kommt, hat es einen Geist, der im Laufe unserer Kindheit einfach Algorithmen entwickelt, das heißt Denkgewohnheiten, Verhaltensgewohnheiten entwickelt, um unter den gegebenen Umständen möglichst viel Sicherheit, möglichst viel Zuwendung, einen guten sozialen Status, möglichst nach Fahrplan herausspringen zu lassen. Also, das Ego ist für mich prinzipiell eine Sammlung von Algorithmen in jedem von uns, die dazu da sind, das Fleischklöppschen möglichst gut durchzubringen. Und dafür verdient es eindeutig Achtung, das ist wichtig. Ich glaube, solange wir leben, solange wir unser Fleischklöppschen haben, um Erfahrungen zu machen, müssen wir auch dankbar sein, dass es ein Ego gibt, was uns davon abhält über die Straße zu gehen, wenn gerade ein Auto kommt. Das Problem ist nicht das Ego, das Problem ist, wenn wir nicht wissen, wer wir tatsächlich sind, sondern wir glauben, wir sind das Ego. Wenn ich anfange, mich mit dem Programm auf meinem Computer zu verwechseln, anstatt einfach zu sehen, das ist ein Programm, mehr ist es nicht, weil dann fange ich an, das Rechthaben von meinem Ego ernst zu nehmen, dann fange ich an, ihm Feuer zu geben. Und dann entsteht Leid. Wenn ich weiß, was mein Ego ist, wenn ich etwas Zeit darin investiere, es zu studieren zum Beispiel durch Psychologie oder auch durch Meditation, beginne ich relativ schnell zu sehen, egal wie einzigartig ein Ego aussieht, es ist im Grunde genommen erschreckend banal. Also, ich gebe zum Beispiel am Wochenende ein Seminar zum Enneagramm, das ist eine alte Weisheitslehre, die neun verschiedene Egostrategien unterteilt und das ist es schon. Und wenn ich das aber kenne, kann ich dem mit Humor begegnen. Dann kann ich sagen: „Hey, mein Ego ist super cool dafür geeignet, auf der Straße auf mich aufzupassen, Milch einkaufen zu gehen“. Aber für die wirklich essenziellen Fragen meines Lebens, also wer bin ich, wofür bin ich wirklich hier, was will ich in meinen Beziehungen, sollte ich eher aus dem Selbst agieren. #00:33:24-12#

Deniz: Und wie macht man das jetzt am besten? Also für jemanden, der sagt: „Okay, das ist das erste Mal, dass ich das höre“, worauf kann ich da achten, ob ich aus dem Selbst agiere oder aus meinem Ego? #00:33:35-14#

Veit: Also, im Grunde genommen ist es wirklich sehr einfach. Immer dann, wenn wir im Ego sind, gibt es eine Art von Anspannung im Körper. Das Ego kennt eigentlich nur drei Grundverhaltensweisen, das kämpft gegen das was gerade ist, weil es das nicht mag, es hält an was fest, weil es das besonders mag, was weiß ich, eine Süßigkeit oder aber es versucht sich komplett rauszuverpissen aus der Situation, weil diese Situation ja Angst macht. Und in jedem Fall wirst du, wenn dein Ego in Aktion ist, eine andere Anspannung spüren. Also, wenn du zum Beispiel unsicher bist, die Unsicherheit selbst ist nicht das Ego, aber das Ego kommt und sagt: „Hey, ich lege jetzt mal auf die Unsicherheit so einen Lappen drauf und tue jetzt mal, als ob ich cool wäre“, dann sieht das vielleicht auf dem ersten Blick ganz cool aus, aber wenn du achtsam bist, wenn du verbunden bist mit dir merkst du, nee, warte ganz kurz, die Coolness fühlt sich gerade angespannt an und Anspannung kommt immer aus dem Ego. Streit, auch immer Anspannung, ohne Anspannung kannst du dich nicht streiten. Und wenn du das anfängst zu erkennen und dafür brauchst du wirklich in meiner Erfahrung Achtsamkeit, dann kannst du in diesen Situationen ganz bewusst in die Entspannung gehen und du kannst dich fragen: „Was vermeidet mein Ego jetzt gerade?“. Also das Ego versucht durch diese Anspannung immer Erfahrungen zu vermeiden, zum Beispiel die Erfahrung von Nichtwissen, die Erfahrung von Sicherheit, von Schmerz, von Ohnmacht. Und wenn ich das fühle, komme ich mehr bei mir an. Und wenn ich nicht mehr bei mir ankomme, entspanne ich mich in mich und dann ist das was ich Selbst nenne oder das, was ich bin, in uns automatisch präsent. Also, es hat keinen Namen, es macht keine große Welle, aber das sind so die Momente in unserem Leben, wo wir merken, es fließt, ja, es fließt. Das sind oft Momente, wo wir nicht mal ein Gefühl dafür haben, dass wir irgendetwas besonderes sind, sondern wir sind einfach. #00:35:44-24#

Deniz: Sehr interessant. Ich würde jetzt langsam mal in die etwas seichteren Fragen gehen, und zwar ein bisschen locker, flockig, hilfreiche Tipps und Tricks für den Alltag. Zum Beispiel, nutzt Du eine App in deinem Alltag, die Dir dein Leben erleichtert, die Du weiterempfehlen könntest? #00:36:10-14#

Veit: Ich benutze Leck für Business Communication, also das ist quasi WhatsApp für Companies. Ich benutze Asana für die Organisation von meinen Aufgaben, obwohl ich da immer wieder—Ich bin da nicht diszipliniert daran, ich versuche doch immer wieder alles im Kopf zu behalten, was regelmäßig aber auch zu Chaos führt. Aber Asana kann ich wirklich empfehlen für alle Menschen, die sagen: „Hey, ich habe viel zu tun, ich will meine Projekte ordnen, ich will den Überblick behalten“, das kann ich wirklich sehr ans Herz legen. #00:36:51-00#

Deniz: Nice. Welcher Film hatte den krassesten Mehrwert für Dich? #00:36:56-20#

Veit: Den krassesten Mehrwert? Ich mag gern drei Filme nennen. #00:37:03-22#

Deniz: Gerne. #00:37:04-19#

Veit: Das ist einmal „Last Samurai“. #00:37:06-09#

Deniz: Mit Tom Cruise? #00:37:08-07#

Veit: Mit Tom Cruise, der für mich ganz, ganz stark das Thema Integrität und Ehre, die für mich persönlich heutzutage viel zu kurz kommen, in den Mittelpunkt stellt. Das ist „Die Legende von Bagger Vance“, so ein Film, den kennen viele Menschen nicht von Robert Redford, der oberflächlich über das Golfspielen geht, aber tatsächlich eine moderne Interpretation der Bhagavad-Gita ist. Das ist für mich einer der besten Filme, der übrigens auch eine sehr schöne bildhafte Antwort auf deine Frage zu wie kann ich an mir arbeiten, ohne gegen mich zu arbeiten, enthält. #00:37:45-03#

Deniz: Interessant. #00:37:46-21#

Veit: Und— Also jetzt gerade, ich habe viele gute Filme, aber „Interstellar“ fällt mir noch ein. Also ich beschäftige mich gerade in den letzten zwei Jahren sehr viel mit den Folgen und Konsequenzen unseres Zeitparadigmas, also diesem linearen Verständnis von Zeit, was erwiesenermaßen falsch ist. Und „Interstellar“ ist eine wunderschöne Meditation in einen Film gepackt, die, wenn du dich wirklich auf den Film einlässt, dein Zeitverständnis wirklich auflöst. #00:38:20-09#

Deniz: Okay, krass. Unser Zeitverständnis ist wirklich nachgewiesenermaßen falsch? #00:38:23-21#

Veit: Ja, klar, das ist— Also, niemand kann so richtig sagen, wie es wirklich ist, aber definitiv, wenn du dich mit ernsthaften Physikern unterhältst, wird dir jeder sagen, das ist eine Illusion, die unser Verstand erzeugt, um das Gefühl zu haben, wir haben alles im Griff, also diese lineare Zeitachse existiert so nicht. #00:38:46-21#

Deniz: Interessant, da muss ich mal genauer reingucken. Wenn Du dir ein Tattoo stechen würdest, was würdest Du dir stechen? #00:38:53-10#

Veit: Ich habe viele Tattoos. #00:38:56-11#

Deniz: Was ist dein Lieblingstattoo oder dein erstes? #00:38:59-03#

Veit: Alle verrate ich nicht, so ein paar sind in Sanskrit, die sind wirklich nur für mich. Aber ich habe zum Beispiel auf meinem rechten Ohr ‚Respekt‘ stehen, das habe ich mir in einer Zeit stechen lassen, als ich gespürt habe, es ist für mich jetzt dran, meiner Frau noch viel respektvoller zu begegnen und allen Menschen noch respektvoller zu begegnen als Erinnerung. #00:39:26-07#

Deniz: Interessant. Was war das Geilste, was du dir jemals gekauft hast? #00:39:31- 23#

Veit: Der Urlaub. #00:39:34-20#

Deniz: Ein Urlaub? #00:39:35-21#

Veit: Ja, Andrea und ich, wir haben die letzten 25 Jahre echt brutal viel gearbeitet, also wir lieben was wir tun, aber uns ist irgendwann aufgefallen, dass wir 15 Jahre keinen Urlaub mehr gemacht haben. Vor einem Jahr habe ich gesagt: „Es ist mir jetzt scheiß egal, ob wir keine Zeit haben, ich buche uns jetzt einfach so eine kleine Insel auf den Malediven ein“ und seitdem liebe ich Urlaub. #00:40:03-03#

Deniz: Hammer. Du hast gerade von Deiner Tochter gesprochen, wenn Du Deinem Sohn oder Deiner Tochter ein einziges Buch schenken dürfest, welches würde das sein? #00:40:15-02#

Veit: Das wäre ein leeres Buch und ich würde auf die erste Seite und auf die letzte Seite schreiben: „Vertraue Dir selbst“. #00:40:26-14#

Deniz: Das ist sehr interessant, die Antwort habe ich noch nicht bekommen. Sehr gut. Und zum Abschluss jetzt, gibt es etwas, was ich hätte fragen sollen, aber Dich nicht gefragt habe? #00:40:36-09#

Veit: Nein. Ich finde, Du hast sehr starke Fragen gestellt. #00:40:46-22#

Deniz: Danke Dir. Jetzt wirklich die letzte Frage: Wo finde ich dich als Zuhörer am besten, Veit? #00:40:54-09#

Veit: Da möchte ich gern zwei Einladungen aussprechen, eine ist gerade mein großes Lieblingsprojekt homodea.com, das ist unsere Plattform, die wir gerade aufbauen. Also, weil wir gerade auch über das Zeitverständnis gesprochen haben, da gibt es zum Beispiel einen Kurs drauf, der heißt „Victory & Peace“, der das Zeitverständnis wirklich sehr stark auseinandernimmt. Also, da findet man alle meine Kurse, die werden jetzt peu à peu in den nächsten Monaten da reingestellt, homodea.com. Und wer wissen will, wo so meine Live-Events stattfinden, einfach auf veitlindau.com vorbeischauen. #00:41:32-24#

Deniz: Super, dann schreibe ich das alles mal in die Beschreibung und danke Dir für das wunderbare Interview, lieber Veit. #00:41:39-24#

Veit: Nein, ich danke Dir für die tollen Fragen und ganz, ganz lieben Dank an all die Menschen, die das jetzt gerade gehört haben und ich wünsche dir ein wirklich gutes, waches Leben. #00:41:50-08#

 

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